Berufstätige Mütter im Spannungsfeld zwischen dem Wunsch nach Berufstätigkeit und gesellschaftlichen Erwartungen

Auch im dritten Jahrtausend erleben Mütter den Wiedereinstieg in den Beruf nach der Geburt ihres Kindes immer noch als widersprüchlich. Einerseits wollen sie arbeiten, andererseits fordert die Gesellschaft: Mütter gehören zu ihren Kindern. Wie Wir kommt eine junge Mutter mit diesem Konflikt klar?

Wir sprachen mit Miriam A., 38 Jahre alt, halbtags beschäftigt in der Verwaltung einer Klinik, Mutter der 4 jährigen Tochter Paula: „Im Prinzip habe ich immer ein schlechtes Gewissen.“ Doch indem Miriam A. ihre Bedürfnisse bewusster wahrnimmt und lebt, geht es ihr besser und damit auch ihrer Tochter.

Frau im Spannungsfeld spirituelle Bilder

Frage: Wann sind Sie wieder in den Beruf eingestiegen und wer sorgt für Ihre Tochter während Sie arbeiten?
Antwort: Als meine Tochter sechs Monate alt war, bin ich mit zwei Vormittagen die Woche auf geringfügiger Basis wieder eingestiegen. Seit Paula ein Jahr alt ist arbeite ich halbtags. Mein Mann arbeitet Nachtschicht und hat Paula bis sie drei Jahre als wurde, betreut. Seitdem geht sie in den Kindergarten.

Frage: Wie reagierte Ihr Mann, Ihr Umfeld, Eltern, Freundinnen auf Ihren Wunsch so früh wieder arbeiten gehen zu wollen?
Antwort: Mein Mann hat darauf sehr positiv reagiert und mich bestärkt. Meine Familie war dagegen. Es kamen Argumente wie: Dein Kind ist doch noch so klein, genieße die Zeit mit deiner Tochter, sie geht so schnell vorbei, dein Kind braucht dich zu Hause, warum überhaupt ein Kind, wenn du dann so früh wieder arbeiten willst. Mein Vater war tief schockiert und konnte gar nicht verstehen, warum ich nicht glücklich bis an meine Lebensende mit meinem Kind zu Hause sein wollte. Meine Freundinnen reagierten unterschiedlich. Die selbst Kinder haben und berufstätig sind, konnte mich verstehen und bestärkten mich. Nicht so diejenigen, die nicht berufstätig waren. In ihren Reaktionen schwang im Unterton deutlich mit: Ein Kind in diesem Alter braucht seine Mutter.

Frage: Warum sind Sie trotzdem so früh wieder arbeiten gegangen?
Antwort: Das ist ein inneres Bedürfnis. Ich brauche etwas, das nur mir gehört, ohne Familie. Etwas anderes, als Windeln wechseln und Babygeschrei.

Frage: Wie haben Sie sich gefühlt, als Sie wieder arbeiten gegangen sind?
Antwort: Zu Anfang ging es mir gut. Ich war froh raus zu kommen und mein altes soziales Umfeld wieder zu haben. Und mein Mann und Paula kamen auch gut miteinander zurecht. Die Situation hat sich verändert, als ich wieder jeden Tag gearbeitet habe. Immer, wenn Paula nicht so fit war, oder schlecht geschlafen hatte, bekam ich ein schlechtes Gewissen. In diesen Momenten gingen mir all die Sprüche meiner Familie durch den Kopf. Ich dachte jetzt brauch Paula mich und ich bin nicht da. Das steigerte sich noch, als Paula in den Kindergarten kam, denn jetzt schob ich sie auch noch zu fremden Menschen ab. In der Arbeit hatte ich den Kopf dann mehr bei Paula, als bei meiner Aufgabe und wollte nur schnell heim. Wenn sie richtig krank ist, bleibe ich zu Hause, aber dann fehle ich in der Arbeit. Im Prinzip hat man immer ein schlechtes Gewissen. Entweder dem Arbeitgeber oder dem Kind gegenüber. Wie reagieren denn Ihre Kolleginnen und Ihre Vorgesetzte auf diese Situation? Da habe ich großes Glück. Sie sind alle sehr verständnisvoll. In der Arbeit wird mein schlechtes Gewissen nie gefördert. Aber als berufstätige Mutter will man alles hundertprozentig gut machen. Da will man sich nichts nachsagen lassen. Aber amn kann es nicht allen Recht machen. Manchmal ist das wie eine Zerreißprobe.

Frage: Wie gehen Sie mit Ihrem schlechten Gewissen um?
Antwort: Ich habe mir bewusst gemacht, dass ich Wünsche und Bedürfnisse habe. Und die dürfen nicht vor lauter schlechtem Gewissen auf der Strecke bleiben. Sonst werde ich unzufrieden. Seither nehme ich mir ganz bewusst Zeit für Paula, aber auch für mich. Dadurch geht es mir besser und damit auch meiner Tochter.

Anmerkung: Das Interview habe ich 2004 im Rahmen meines Journalismus-Studiums geführt. Ich finde das Thema heute noch genauso aktuell und relevant, daher habe ich mich entschieden das Interview in meinem Blog zu veröffentlichen.